Romans 7

Text: Römer 7,1-6 Der Sinn dieses Kapitels wird richtiger mit dem Gewissen unter einer wirklichen Arbeit und Erfahrung solcher Not gefaßt, als daß er schnell in Gedanken zu erreichen wäre. Er bezieht sich immer noch auf des Apostels obigen Ausspruch: Die Sünde wird nicht herrschen können über euch, sintemal ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade. In eurem Gewissen herrscht die Gnade, und nicht des Gesetztes Verdammung; in euren Herzen gilt der Gnade Zucht, und des Geistes Trieb, und nicht des Gesetzes Buchstabe. Das muß unser Vorteil wider die Sünde bleiben. Haltet darüber gegen die Sünde, war des Apostels nächster Zuspruch; denn sonst brächte euch die Sünde wider unter das Gesetz. Jetzt wendet er seine Rede und sagt: Haltet über diesem Glaubens = Grund auch gegen das Gesetz: denn sonst brächte euch das Gesetz wider unter die Sünde. Zu diesem Ende zeigt er nun, wie das Band mit dem Gesetz rechtmäßig aufgehoben sei, und ein Herz beim, Evangelium getrost sein könne auf die andere Verbindung in die es mit Christo getreten ist. Nicht umsonst setzt der Apostel in dieser Materie die freundliche Ansprache: lieben Brüder, meine Brüder, bald aufeinander zweimal. Denn mit Seelen unter großer Not muß man freundlich reden. Es ist wie wenn er sagte: Ich kann euch wohl glauben, wir sind ja Brüder; ich habe es auch erfahren; aber glaubt mir jetzt auch. Jedes Gesetz bezieht sich auf gewisse Umstände, in denen der Mensch ist, und so lange die währen, behält das Gesetz Recht an ihn. Bei veränderten Umständen aber kann das Gesetz, ohne alle Verletzung seiner sonstigen Würde, doch sein Recht an ich aufgeben. Wie das bei einzelnen Gesetzen, z. B: beim Ehe = Gesetz, statt hat; so kann auch das ganze Gesetz seine Zeit haben, darin es sein Werk bei einem Menschen hat. Und nach einer vorgehenden Änderung kann, ohne allen Nachteil des Gesetzes, eine rechtmäßige Trennung vorgehen, und eine Freiheit erfolgen, darunter man sich aber keiner Verachtung des Gesetzes schuldig macht: denn des Gesetzes sich selber entladen wollen, das geht nicht an. Wer es wagt fällt unter alle rechtmäßige Verdammung des Gesetzes, und muß dessen Fluch tragen. Das Gesetz fällt Allen, die sich ihm unrechtmäßigerweise entreißen wollen, nur desto mehr auf den Hals. Was kann denn aber für eine Veränderung vorgehen, die zu einer rechtmäßigen Freiheit Anlaß geben kann? Der Mensch kann dem Gesetz getötet werden, und also wie bei einem durch den Tod getrennten Band, zu einer rechtmäßigen Freiheit gelangen. Das ist aber freilich einen Veränderung, darüber der Mensch einen vielfachen Tod leidet, und oft wie eine Leiche zugerichtet wird. Denn um den Zusammenhang des Menschen mit dem Gesetz ist e etwas Wunderbares. Auf der einen Seite ist es freilich eine beschwerliche Herrschaft, von der man denken sollte, der Mensch wäre ihrer je eher je lieber los. Auf der anderen Seite aber ist es doch auch ein Eheband, mit welchem der Mensch gern verhängt ist, weil sein Fleisch doch auch seine Nahrung dabei hat, und er sich unter der Gnade weniger Fleischesfreiheit versprechen kann, als er gleichwohl noch beim Gesetz davon bringt. Daher kommt wirklich das Gezerr hin und her, da man frei werden will, und es doch auch wieder fest hält, bis es zu diesem Absterben kommt. Der Apostel leitet aber dies Absterben aus seiner rechten Quelle, nämlich aus der Aufopferung des Leibes Christi, und aus unserem zum Tode Christi gegebenen Bekenntnis her. Die Wichtigkeit und Kraft des Todes Christi muß immer getrieben und festgehalten werden, sonst hat das Gewissen nicht Mut, sich so etwas gegen die Sünde und das Gesetz anzumaßen. Daß es aber auf keine dem Fleisch und der Sünde Raum gebende Freiheit abgesehen ist, sieht man auch daraus, weil man auf diesem Wege gleich eines Anderen wird, nämlich Christo von nun an mit völliger Liebe anhängt, von seinem Geist belebt, getrieben, von seinem Wort fruchtbar gemacht wird, GOtt Frucht zu bringen, welches einem oft bei dem Gefühl seiner Unfruchtbarkeit fast zu viel dünkt; aber wir wissen nicht, was für eine schmackhafte Frucht die aus dem Geist Christi entspringende Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit unserem GOtt ist. - Um aber zum Durchdringen in diese rechtmäßige Freiheit noch einen Antrieb zu geben, hält der Apostel die vorgehende große Veränderung noch einmal neben einander, und sagt: da wir im Fleisch waren, es sollte heißen; da wir unter dem Gesetz waren. Der Apostel nimmt aber gern den Ausdruck um mit demselben anzuzeigen, warum das Gesetz keine bessere Wirkung bei uns haben könne, weil es nämlich durch unser Fleisch geschwächt sei; und warum man doch oft so lange Zeit nicht gern von dieser Verbindung mit dem Gesetz lasse; weil nämlich das Fleisch gleichwohl noch seine Freiheit und Ruhm dabei sucht und findet. Aber inmittelst wird eben der Schade immer größer. Das Gebot oder Verbot erregt die Lust, und dem Fleisch bleibt der verbotene Baum eben doch ein lustiger Baum. Über so vielen mißlungenen Anstalten wird man immer verzagter, etwas auszurichten, und darüber werden die Leidenschaften immer kräftiger; und das heißt: dem Tode Frucht bringen. Denn bei dem Leben in Lüsten ist man lebendig tot, und zieht sich die Notwendigkeit zu sterben nur desto gewisser und schneller zu. In den Augen GOttes, nach dem im Gericht GOttes gültigen wert des Todes Christi sind wir vom Gesetz los. Wenn wir auch der Erfahrung nach noch nicht so völlig aus dem Tod ins Leben hindurchgedrungen sind, so gilt es doch, und der Geist Christi treibt uns auch zu dem willigen, völligen und demütigen Dienst GOttes an, der sich weit von dem unlustigen, gezwungenen, trägen ruhmsüchtigen Wesen des Buchstabens unterscheidet. Text: Römer 7,7-13 Wenn man sich aber so hüten muß, daß man durch das Gesetz nicht wieder unter die Sünde kommt, so möchte man ja fast gegen das Gesetz selber argdenklich werden, und fragen: Ist das Gesetz Sünde? Dazu sagt der Apostel: Nein, und zeigt, wenn man das Gesetz brauche, wozu man es brauchen soll, so komme durch das Gesetz Erkenntnis der Sünde. Wenn man aber meine, man wolle das Gesetz als eine Kraft gegen die Sünde und als eine Aufmunterung zum Guten brauchen, so schlage es zuletzt dahin aus, daß die Sünde aufs Neue überaus sündig und kräftig in uns wird, und wir über unser äußerstes Unvermögen aufs Tiefste gedemütigt werden. Dergleichen Einwürfe macht nicht gerade ein Gegner, sondern das eigene Herz kommt unter der Erfahrung von allerlei Sünden = und Gesetzes = Not oft selbst auf wunderliche Einfälle. Weil der feind, der uns gern in der Sünde gefangen halten möchte, das Gesetz so mißbraucht, und uns durch das Gesetz das Leben in der Gnade so sauer macht; so denkt man zuletzt, ob denn das Gesetz auch guten und göttlichen Ursprungs sei? oder ob nicht sonst etwas dahinter stecken müsse? ob es nicht das Gewisseste wäre, seine Freiheit vom Gesetz zu behaupten, wenn man gar anfinge, das Gesetz selbst mit Argwohn zu belegen? Da wehrt aber der Apostel, und sagt: das sei ferne! Da träfe es einer übel. Auf das Gesetz muß keiner die Schuld schieben wollen, sondern durch das Gesetz lernen, wie tief die Schuld bei ihm selber sitze. Von da an redet nun der Apostel in seiner eigenen Person, teils um mehrerer Deutlichkeit willen, teils damit es fein jeder Leser und Zuhörer desto gewisser auch auf seine Person deute, und solches an sich erkennen und bekennen, sich nicht schäme. Die Lust bricht schon mehr ins Wirkliche und Geschäftige aus, als der tiefe Grund, auf welchem sie aufsteigt. Und doch achtete man auch auf die Lust nicht so, und rechnete es nicht so zur Sünde an, daß beständig so viel tausend Funken aus diesem verborgenen Feuer auffahren, wann das Gesetz nicht gesagt hätte: laß dich nicht gelüsten; und damit andeutete, in welchem tiefsten Reste die Sünde aufgesucht werden müsse, und in welcher ersten Quelle sie müsse abgeleitet werden, wenn es beim Menschen auf die Erneuerung ins Bild GOttes zurückkommen soll. Aber in diese Hauptabsicht GOttes mit dem Gesetz sich einzulassen, und es so zur Erkenntnis der Sünde zu gebrauchen, und daraus eine Handleitung zum Glauben zu nehmen, ist der Mensch viel zu träge und zu falsch. Sein eigenliebiges Herz, sein Gesuch, eine eigene Gerechtigkeit aufzurichten, verleitet ihn eher auf den falschen Wahn, als wenn er sich mit dem Gesetz aufs Tun und allerlei Übungen einlassen könnte, und daraus erhebt sich dann die Not, daß die Sünde Anlaß bekommt, nur desto mehr Lust aufzutreiben: denn die Sünde ist schlangenmäßiger Art; sie kann sich klein machen, daß man sie nicht in ihrer von der Schrift aufgedeckten fürchterlichen Gestalt sieht und spürt. Darum ist es dem Menschen, so lange er ohne Gesetz lebt seiner Meinung nach so wohl, und er kann sich nicht als so verdorben und tot in Sünden ansehen. Da aber das Gebot kam, und ihn Anfangs in dieser seiner Ruhe störte, er aber die Sünde dämpfen zu können sich einbildete, da schlug es zu einer solchen Erregung, Geschäftigkeit und Macht der Sünde aus, darüber er mit allem bisherigen Geschäft und wehren gegen die Sünde zu Schanden wurde, seine Einbildungen nicht behaupten, sein vorige Ruhe nimmer finden konnte, sondern einmal über das andere in Tod und Ohnmacht zurückfiel. Darüber erfährt man an sich selbst, was der Apostel schon oben von dem Gesetz bezeugt hatte, daß es nur Zorn anrichte, und den Menschen unter Not, Gericht und Unvermögen liegen lasse; zu welcher leidigen Wirkung aber das Gesetz weder anfänglich gegeben ward, noch auch jetzt dahin ausschlagen solle, wenn man nur auf GOttes Hauptabsicht verständig würde. Es geht aber darunter freilich mannigfaltiger Betrug vor. Die Sünde kann sich Anfangs gegen das Gebot klein machen, und tun, als ob sie demselben nachgeben wolle; da sieht's denn einen weile einem Leben und Besserung gleich, damit man zufrieden sein könnte. Aber der baldige Unbestand offenbarte das als betrug, da die in schlangenmäßiger Krümmung und Kleine sich zusammengezogene Sünde wieder in ihrer ganzen Macht auffuhr, und mich also durchs Gebot tötete, daß mein Unvermögen, mich der Sünde zu erwehren, ganz offenbar ward. Wie kann aber das Gesetz, das doch heilig, recht und gut ist, und auch an mir nichts Anderes sucht, als alles Gute, eine so gar leidige Wirkung bei mir haben?. Darunter muß sich eben die Sünde, und der dadurch in mir angerichtete Schade in seiner großen und für alle eigenen Kräfte ganz unheilbaren Gefahr offenbaren, daß sie mir durch das gute Gesetz und durch meinen übrigens auch guten Willen, es zu halten, doch eine solche Not angerichtet hat. So hat durch diesen Umweg herauskommen müssen, auf was es anfänglich mit dem Gesetz angesehen war, nämlich auf Erkenntnis der Sünden, damit man sich hernach lauterer dem Erbarmen GOttes zur gründlichen Kur überlassen könnte. Wo käme sonst die Demütigung, die Willigkeit, zum Kreuz hin zu kriechen, her, wenn der Mensch nicht so eingetrieben würde! O in welcher Blindheit, Unerkenntnis und Unerfahrenheit bleibt der Mensch also liegen, wenn er entweder meint, ohne Gesetz und durch Hintansetzung desselben zum Leben und Frieden zu gelangen, oder wenn Einer beim Gesetz und durch dasselbe meint, Kraft gegen die Sünde zu finden. Welche Wahrheit kommt aber in uns, wenn Einer das Gesetz braucht, wozu es da ist, nämlich die Sünde überaus sündig zu machen, und wenn Einer das Leben da sucht, wo es zu finden ist, nämlich in Christo. Wenn Einer gegen die Sünde kämpft, aber deren Vergebung nicht auf seinen Sieg, sondern umgekehrt, den Sieg auf deren Vergebung gründet. Text: Römer 7,14-25 Nun gibt der Apostel weitere Rechenschaft von seinem nächst zuvor gebrauchten Ausdruck, die Sünde habe durch das Gute den Tod gewirkt, und damit sich als überaus sündig verraten, und zeigt noch umständlicher, warum mit dem Gesetz nicht fortzukommen sei, warum wir mit dem Gesetz nicht hinlänglich gegen die Sünde streiten, noch daraus kräftige Ermunterungen zum Guten nehmen können. Es erfordert freilich gründlichen Bescheid, warum wir, nach dem ersten Teil dieses Kapitels, so behutsam sein müssen, damit wir nicht wieder durch das Gesetz unter die Sünde geraten, und warum wir, nach dem zweiten Teil dieses Kapitels, doch gegen das Gesetz selbst nicht argdenklich werden, sondern die Schuld von seiner betrübten Wirkung immer bei der in uns wohnenden Sünde suchen sollen? Darum führt nun der Apostel auf eigene durchdringende Erfahrungen, die Jeder an sich selbst machen kann, daß es so ist. So weit können einem Menschen freilich die Augen geöffnet, und das Gewissen erweckt sein, daß man das Gesetz als geistlich erkennt, wie es nicht nur äußerlichen Gehorsam und Werk gebeut oder verbeut, sondern ganzes Herz und ganze Seele mit dem eingenommen haben will, was es fordert. Aber desto mehr erfährt man, wie fleischlich, oder durchs Fleisch geschwächt wir sind, daß kein solcher Geist oder volle Lust aus und herauszubringen ist. JA man muß sich als einen unter die Sünde Verkauften, von der Sünde Überwältigten, von der Gewohnheit, vom Gesetz in den Gliedern zum Sklaven Gemachten ansehen. Das ist ein eigentliches von der Sünde erlittenes Unrecht, daß sie einem seine Freiheit so schwer macht. Je mehr man los sein möchte, je wehmütiger muß man über sein Gefangenschaft klagen. Auch nach und neben der Rechtfertigung gibt es solche Erfahrungen, wie hart einem die Sünde anklebt. Er beweist es recht umständlich, damit man den Ausdruck: unter die Sünde verkauft, nicht für eine im Eifer schnell ausgestoßene übertriebene Klage halte; sondern für eine ganz eigentliche Beschreibung seiner gegenwärtigen Erfahrung: Es ist also kein Kompliment, wie unser seliger Luther so oft sagt, es komme heraus, wie wenn Manche mit ihren Sünden = Bekenntnissen sich nur so aus Demut zum armen Sünder = Häuflein bekenneten, aber nur einen gemalten Sünder brächten; wenn man sie aber bei ihrem Wort nehmen, und sie für solche Sünder ansehen wollte, so würden sie sich wieder ihrer Unschuld wehren. Dem Apostel aber ist es mit dem, was er zu Ausmerzung alles pharisäischen Sinnes gesagt hatte, ganz ernst, und er beweist es recht anzulegen, wie erfahrungsmäßig er zu solcher Erkenntnis gekommen sei. Ich bin mir selbst ein Rätsel. Es ist ein doppelter und weit auseinander geschiedener Wille in mir. Aber es geht auf diesem Kampfplatz der Sünde und der Gnade oft wunderlich her. Wenn Petrus oft meint, er wolle das Leben eher lassen, als JEsum verleugnen, so ist er am nächsten beim Fall. Wenn ich oft meine, ich sei voll guten Willens, so kommt es in der Behendigkeit der Versuchung oft anders, und so heraus, daß ich das tue, was ich hasse. Und wenn ich mich hintennach tausendmal darüber anspeien möchte; so finde ich eben, daß ich mit Tränen wieder in den Gnaden = Weg hinein muß, und der reichlichen und täglichen Vergebungs = Gnade den Ruhm lassen muß. So viel aber beweist mein doppelter und mit einander im Streit liegender Wille, daß, indem ich mich von dem, was im äußeren Tun herauskommt, mit meinem inneren Willen abziehe, so trete ich damit eben auf GOttes Seite herüber, und willige, daß sein Gesetz gut sei. Ist aber bei etwas mein völliger Wille nicht, so habe auch ich dasselbige nicht eigentlich getan. Mein freigemachter und auf GOttes Seite hinübergezogener Wille kann mit Grund dagegen protestieren und sagen: nicht ich habe es getan, sondern die in mir wohnende Sünde, meine eigene, aber mir zur Last gewordene Lust. Wer aber aus so etwas eine Leier machen, Jahr aus, Jahr ein, und wohl seine halbe Lebenszeit auf einerlei Ton bleiben, vor Menschen sich hinauszuhalftern von seinem besseren Wollen bei wenigem Vollbringen sagen kann; der reißt es aus aller Verbindung heraus, und führt es also weit gegen den richtigen Sinn. Wo Lust zur Wahrheit im Verborgenen ist, da geht es mit einer solchen Beichte: in mir, das ist, in meinem Fleisch, wohnt nichts Gutes, aus der Tiefe hervor, und das Gemüt ist im ernstlichen Suchen, so das Vollbringen ohne Hindernis vom gegenseitigen Gelüsten sucht, aber nicht finden kann. Selbst die Wiederholung dieser empfindlichen Erfahrung zeigt an, daß es einem nicht nur Einmal so gehe, nicht nur über Einerlei Art von Sünden, sondern so oft Einer wieder etwas Neues lernen soll, in neue Umstände und Versuchungen kommt; so wird es unter solchen Fehlern gelernt. Darunter gehen einem die Augen immer mehr auf, wie das Gesetz so geistlich ist, und mir auch daher die Überzeugung meines Gewissens, den Willen meines Herzens abgewinnen kann; ich aber doch so fleischlich, und vom anhangenden Bösen geschwächt und verhindert bin. Auf welchen Zustand GOtt selbst mit Mitleiden herabsieht, und weiß, was für ein Gemächt ich bin (1. Mose 8,21), und ich kann mich auch vor GOtt, der Lust hat zur Wahrheit, die im verborgenen liegt, doch darauf berufen, daß ein solches Gewächs der Wahrheit in meinem inwendigen Menschen aufgehe. Aber freilich der angeborene und durch Gewohnheit gehäufte Naturtrieb macht so viele Anfälle und Anforderungen in meinen Gliedern, die dem Gesetz GOttes, und auch dem - in meinem Gemüt oder inwendigen Menschen daran gewonnenen Wohlgefallen entgegen sind, daß augenblickliche Gefahr daraus entsteht, wieder unter das Gesetz der Sünde gefangen genommen, oder von der Sünde nach ihrem Willen hingerissen werden. Wenn ich mich dieser Zudringlichkeit auch nicht weiter erwehren kann, so tritt doch das Seufzen dazwischen, dadurch ich diesen Druck vom Fleisch als mein größtes Elend, diese Sünden = Arbeit als meine schwerste Last beklage, und zum Abschneiden diese Blei = Gewichts in der Erlösung vom Leibe diese Todes sehnlich anhalte; auch einen Vorgeschmack von dieser Erlösung habe, so oft ich mich mit meinem inwendigen Menschen und dessen neugeschaffenen Willen vom Fleisch und dessen Sinn und Anforderungen, vom Leib und den Lüsten ins seinen Gliedern gründlich abziehe. Auf diesem rauh scheinenden Wege findet sich doch immer auch ein Loblied: ich danke GOtt durch JEsum Christum, unserem HErrn. Meine Schwäche, mein Unvermögen, mit dem Gesetz etwas auszurichten, macht mir das, was GOtt durch JEsum Christum getan hat, desto größer, desto dankenswerter. Und mit diesem Loben lerne ich meinen Feind zu schlagen; muß mich aber freilich bescheiden, mit dem HErrn Jesu zu warten, bis alle Feinde zum Schemel der Füße gelegt sind. Mit dem Gemüt, mit meinem inwendigen Menschen, mit Willen, mit Wohlgefallen, mit dem, was also eigentlich mein Ich (V.17#20) an mir ausmacht, diene ich dem Gesetz GOttes, und halte es mit allem Guten, Heiligen und Gerechten, das darin erfordert ist. Aber das Fleisch wird nicht anders; in dem wohnt die Sünde, und das sinnt auch immer darauf, der Sünde zu dienen, und ihr Luft zu machen; darum kann ich bis zur Erlösung vom Leibe dieses Todes nicht ohne Kampf, nicht ohne Wachsamkeit und Mißtrauen gegen das Fleisch sein.
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